Eine Taverne aus dem Mittelalter

Der Name des Ortes Pittenhart (Bidenhardt, Pütnhart, Binhart) stammt wahrscheinlich von dem Aribonen Boto oder Buto (die Aribonen waren eines der mächtigsten Geschlechter im damaligen Bayern). Sein Großvater, der Pfalzgraf Aribo I., gilt als Gründer des Klosters Seeon.

Auch den keltischen Wassergott Bid kann man als Wortwurzel hernehmen. Dieser erscheint im Pittenharter Römerstein vom Jahre 219 n. Chr. als Sanctus Bedaius. Der besagte Römerstein war bis 1808 an der Südseite der Laurentius-Kirche in Pittenhart angebracht.

Mit der durchziehenden sogenannten “Güldenen Salzstraße” hat die Region einen der ältesten Fernwege als Anschluss an die mittelalterliche Welt. So ist es nicht verwunderlich, dass viele frühgeschichtliche Fundstellen die Gegend umgeben. In Oberbrunn wird ein kleines Römerkastell auf dem jetzigen Schlosshügel vermutet. Das Kastell ist nicht beweisbar, jedoch lässt die Römersäule im Kellergewölbe des Schlosses auf eine Besiedelung in der Römerzeit schließen.

Gasthof-Landhotel „Alte Zollstation“

Der Name unseres Wirtshauses „Alte Zollstation“ rührt auf den Wegzoll im Mittelalter zurück. Auf Routen wie dem Römerweg oder der Salzstraße passierten die Reisenden mehrere Zollstellen, an denen geringe Abgaben erhoben wurden.

Die „Alte Zollstation“ zu Putinhart war dereinst eine Zollstation an der Güldenen Salzstraße.

Das Alter der „Tafern von Pittenhart“ geht wohl in eine Zeit vor 1200 zurück. Zu dieser Zeit war Pittenhart schon ein Kirchdorf und da gehört auch ein Wirtshaus dazu. Schriftliche Nennung aus dieser Zeit gibt es nicht. Einen kleinen Hinweis aber schon: 1188 schenkte Heitvolk von Velben den Grafen Falkenstein die Kirche in Guntersberg bei Höslwang. In der Urkunde wird Putinhart genannt, vermutlich als Ausstellungsort der Urkunde.

Eine Tafern, eigentlich Taverne, ist ein Wirtshaus, das mit besonderen Rechten ausgestattet ist. Sie war nicht nur Schankwirtschaft, sondern hatte das Privileg Tauffeiern, Hochzeiten und den Leichenschmaus abzuhalten, auch Bierbrauen, Brot backen und später auch Schnaps brennen. In der Tafern wurden Gerichtsverhandlungen abgehalten, Verträge und Rechtsgeschäfte abgeschlossen.

Für die frühe Existenz eines Wirtshaus spricht auch die Salzstraße, die direkt durch Pittenhart führte. Diese Salzstraße geht wohl auf eine vorrömische Zeit zurück, in eine Zeit, als es noch keine Brücke über die Alz gab, denn ihr Verlauf war von der Alzfurt bei Pullach zu Innfurt in Rufarn bei Wasserburg.

Der erste namentlich bekannte Besitzer der „Tafern von Pittenhart“ war Petri Kefer im Jahre 1472. Er durfte wohl nach einer festgelegten Tarifordnung Zölle von den Fuhrleuten auf der Güldenen Salzstraße erheben und einen Teil davon behalten.

Die Taverne wurde vererbt und verkauft und gelangte 1502 in Besitz des Kloster Frauenchiemsee, dass das Anwesen als Aussteuer erhielt.

In den folgenden drei Jahrhunderten fanden viele Besitzerwechsel statt. Das jetzige Anwesen in seiner Form wurde vermutlich im 17. Jahrhundert erbaut (1727/1728) und nach den Bränden in den Jahren 1840 und 1861 teilweise zerstört, neu aufgebaut bzw. vergrößert.

1927 kaufte Jakob Brandl das Gasthaus. Seine Familie führte das Wirtshaus und einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Metzgerei drei Generationen lang. Bereits damals verwendeten die Gastleute die Erzeugnisse aus der Landwirtschaft in der Küche. Ludwig Brandl veräußerte das Gut 1988 an den Augustinerbräu.

2014 übernahm Frau Buschke das Anwesen. Der Besitz wurde von Grund auf komplett restauriert. Die neue „Alte Zollstation“ ist zu einem gastronomischen Betrieb mit neuesten Standards erstarkt. Im letzten Schritt erfolgte die Renovierung des Stadels bis Oktober 2017, in dem weitere Gast- und Seminarräume entstanden sind.

Im April 2022 übernahmen die Familien Glaß und Häusler, ehemals Pächter des Kastenauer Hof in Rosenheim die „Alte Zollstation“. Der langen Geschichte bewusst, sind die Familien bestrebt, die Tradition des Gasthauses zu bewahren und gleichzeitig das Haus nach neuestem Standard modern zu führen.

Bauhistorische Geschichte

Das Urkatasterblatt des Jahres 1813 zeigt an gleicher Stelle einen lagegenau positionierten, etwa halblangen Vorgängerbau (vermutlich aus dem 17. Jahrhundert laut labortechnischer Altersbestimmung einzelner Hölzer (1727/1728). Auch der firstparallel an den Hauptbau angegliederte Stallstadel existierte offensichtlich schon damals.

Wohl im Zusammenhang nach dem für das Jahr 1861 belegten Brand wurden der Gasthof unmittelbar danach profilgleich in seine heutige Form verlängert und mit seinen prägenden Stufengiebel versehen. Das zum Anwesen gehörende Wohnhaus wurde 1888 erbaut und ehemals als Wagenremise genutzt. 1958 wurden unter anderem auf der Südseite des Anwesens Balkone errichtet und ein Saal angebaut. Diese Umbauten wurden im Rahmen der Renovierung 2015/2016 rückgebaut.

Erhaltene historische Ausstattung des Gasthofes

Trotz der modernen Umbauten und Renovierung ist einiges an historischer Ausstattung erhalten geblieben:

In Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz wurde auch die Farbgestaltung des Gebäudes wiederhergestellt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei das Rot der Fensterstöcke zu nennen, dass im Mittelalter das nach außen sichtbare Zeichen von Macht (Zoll), Adel und Wohlstand war.

Erwähnenswert ist vor allem die massive Holzbalkendecke im Gastraum „Alte Saline“ mit überschobener Brettlage, welche ihrer Kerbschnittverzierung zufolge, Kernbestand des Gebäudes aus dem 16./17. Jahrhundert darstellt und chronologisch auf 1729 (Fälldatum) datiert werden kann.

Auf die 1. Hälfte des 19. Jh., d.h. die Zeit vor dem Ausbau von 1862, geht die Haustür in der Ostfassade zurück (Jahreszahl 1843). Von der Tür allerdings ist nur diese hölzerne Lünette noch original erhalten. Das Türblatt und der Stock darunter wurden später erneuert.

Zu der Ausstattungsphase nach dem Brand von 1861, charakterisiert durch Stilmerkmale des Historismus, gehören v.a. eine neugotische reich geschnitzte einläufige Holztreppe im Hausflur und die im gleichen Stil gearbeitete, reich verzierte Haustür der Westfassade.

Zwei Wandschränke auf der Südseite des Flures, unterschiedlich hoch, aber stilistisch gleich, von denen einer im älteren, der andere im jüngeren Gebäudeteil sitzt, sind dem Wiederaufbau nach dem Brand von 1861 zuzuschreiben. In einer der Putzschichten der Gästezimmer entdeckten die Bauarbeiter einen geradezu dekorativ drapierten mumifizierten Molch. Es wird von einer absichtlichen Einbringung des Tieres aufgrund von Aberglauben an dieser Stelle ausgegangen.

Vereinzelt erhalten sind auch historische Fensterelemente mit zeittypischen Winkelbeschlägen. Einen kleinen Wandschrank mit Rautendekor und Fitschenbändern können die Besucher in einem der Gästezimmer bewundern.